Sarah Schweizer macht Ernährungstour durch den Wahlkreis
Raum Göppingen. Sieben Stationen in drei Tagen: Die CDU-Landtagsabgeordnete und Mitglied des Ernährungsausschusses, Sarah Schweizer, verschaffte sich auf ihrer Ernährungstour ein Bild von der Situation der regionalen Erzeuger vor Ort. Von Landwirten, über Schlachthöfe bis zum Supermarkt und der Gastronomie machte sie sich auf die Spuren der Erzeugung, Verarbeitung und Vermarktung heimischer Produkte. „In den letzten 20 Jahren haben fast ein Drittel unserer landwirtschaftlichen Betriebe aufgegeben. Der Selbstversorgungsgrad bei Obst und Gemüse liegt nur noch bei etwa 20 %. Wir beklagen aktuell die Energieabhängigkeit von Russland, entziehen aber zugleich durch das Preisdumping den verbleibenden landwirtschaftlichen Betrieben die Existenz und sind so auf dem besten Weg unsere Ernährungssicherheit auf Spiel zu setzen“, so Schweizer. Deshalb ist es ihr ein Anliegen auf die Bedeutung der Landwirtschaft und der regionalen Produkte aufmerksam zu machen. Für ein abschließendes Grillfest auf dem Waldeckhof wurden Produkte der besuchten Betriebe eingekauft.
Zum Start der Tour besucht Schweizer den Hof der Familie Schurr in Wangen. Rund 170 Milchkühe leben in einem offenen Boxenlaufstall mit Blick ins Grüne, jeden zweiten Tag kommt ein Kalb auf die Welt. Im Betrieb werden täglich rund 4.500 Liter Milch produziert – je morgens und abends wird gemolken - und zu 100% an die Milchwerke Schwaben abgegeben – denn: „die Direktvermarktung lohnt sich nicht“, so Heinz Schurr. Wer bewusst die Milchprodukte von Bauer Schutt - und zahlreicher weitere Milchbauern im Landkreis - unterstützen will, findet diese in der Marke „Weideglück“ in der Regalen der Supermärkte. Aber: Von ehemals über 30 Landwirten in Wangen sind gerade einmal noch drei übriggeblieben. Die Unsicherheit, wie es künftig weitergeht, stetig neue rechtliche Vorgaben und Preisschwankungen machen dem Landwirt zu schaffen. „Wenn wir mit unseren Milchkühen mal nicht mehr da sind - wer bewirtschaftet dann das Grünland? Wer sorgt dafür, dass Steillagen und Hänge gepflegt und Äcker gedüngt werden?“, so Heinz Schurr.
Die nächste Station führt Schweizer zum Gemüseanbau auf den Biolandhof Bidlingmaier in Lerchenberg. Seit 30 Jahren baut Familie Bidlingmaier unterhalb des Hohenstaufens Biogemüse an – vom Broccoli über Tomaten bis hin zum Ackersalat – und vermarktet diese direkt über Wochenmärkte. Wie in vielen Bereichen der Landwirtschaft zeigen sich auch in Lerchenberg bereits die Folgen des Klimawandels. „Wetterextreme wie Hitzesommer und Dürren nehmen auch bei uns zu und betreffen die Landwirtschaft in besonderem Maße. Der seit Tagen und auf absehbare Zeit ausbleibende Regen birgt die Gefahr von massiven Einbußen für unsere Landwirte“, betont Schweizer. Um nicht dem vollen Risiko von Ernteausfällen ausgesetzt zu sein, kauft Otto Bidlingmaier auch Obst und Gemüse in Bioqualität zu und vertriebt diese auf den Wochenmärkten mit. „Ohne eine solche Risikostreuung würde es nicht gehen“, so Bidlingmaier.
Anschließend besucht Schweizer den Schweinehalter Wolfgang Daiber aus Uhingen-Holzhausen. Mit seinem Hof, der mehrere hundert Schweine in verschiedensten Altersklassen zählt, ist er einer der letzten Ferkelzuchtbetriebe im Landkreis Göppingen. Seit einigen Jahren nimmt der Landwirt auch Getreide von Landwirten aus dem ganzen Umkreis entgegen, macht eine Qualitätsprüfung und vermarktet dieses weiter. Getreide von hoher Qualität kommt in die Mühle, weniger gute Qualität wird als Schweinefutter verwertet. Der Schweinepreis ist nach wie vor im Keller. Für jedes Schwein zahlt der Landwirt im Ergebnis 40 Euro drauf. Der Grund ist aber nicht, weil die Menschen weniger Schweinefleisch essen, sondern weil billiges Schweinefleisch aus dem Ausland, aktuell bspw. aus Chile importiert wird. „Wie lange ich das noch finanziell durchhalte, kann ich nicht sagen“, so Daiber, „von den Schweinebetrieben, die ich kenne, hört einer nach dem anderen auf“. Während des Besuchs der Abgeordneten, fahren mehrere Landwirte an, und bringen ihr Getreide vorbei. Darunter auch Nebenerwerbslandwirte aus der Umgebung. Auf die Frage, warum sie neben ihrem Vollzeitberuf mit großen Zeit- und Kraftaufwand noch einen landwirtschaftlichen Betrieb führen, komm die Antwort: „Weil wir unseren Beitrag dazu leisten möchten, dass wir alle jeden Tag satt werden“.
Die nächste Station führt die Abgeordnete zur Schlachterei und Metzgerei Mühleisen in Börtlingen. Zusammen mit seiner Frau und weiteren Angestellten betreibt Metzgermeister Andreas Mühleisen das Geschäft seit nun mehr als 20 Jahren. Wöchentlich kaufen sie Schweine von einem umliegenden Bauernhof, schlachten diese selbst, verarbeiten sie weiter und verkaufen sie im hauseigenen Metzgerladen. „Das Schwein ist tatsächlich mein Lieblingstier, ich kann fast alles davon verwerten. Sogar die Schwarte unter der Haut kann ganz prima für Sülze verwendet werden“, erzählt Mühleisen. Nach einer Führung durch den Betrieb ist Schweizer begeistert: „Man merkt hier von der ersten Sekunde an, dass Herr Mühleisen mit sehr viel Verantwortung, Können und Wertschätzung für das Schwein als Lebewesen, als Lieferant von hochwertigem Fleisch, ans Werk geht. Die Horrorbilder, die man manchmal im Fernsehen sieht, haben mit der Realität in Börtlingen jedenfalls nichts zu tun. “ Herr Mühleisen bedauert, dass kaum mehr junge Menschen das Metzgerhandwerk lernen möchte - Es hat einfach einen zu schlechten Ruf. Umso schöner, dass der ältere der beiden Söhne den Betrieb übernehmen will und schon Pläne für den Aufbau einer eigenen Tierhaltung hat.
Entscheidend ist auch, ob diese hochwertigen regionalen Produkte auch ihren Weg zum Verbraucher finden. Von der Erzeugung und der Verarbeitung geht es für Schweizer daher anschließend in den Lebensmitteleinzelhandel. Beim Edeka-Markt Daiber in Wangen finden sich rund 10% regionale Produkte in den Regalen, rechnet man die hauseigene Bäckerei dazu, ist es sogar deutlich mehr. „Die Unterstützung unserer lokalen Erzeuger ist mir wichtig, deshalb versuche ich sie wo es geht ins Sortiment zu integrieren“, so Wolfang Daiber. Tatsächlich finden sich im Obstregal Zwetschgen von einem heimischen Obstbauer, Mehl von einer lokalen Mühle, Kaffee aus Wangen oder Süßigkeiten aus Uhingen. Daiber weist darauf hin, dass regional nicht immer teuer heißt. Gerade saisonales Obst und Gemüse ist durchaus konkurrenzfähig mit Importware aus dem Süden. Was fehlt, ist das stärkere Bewusstsein der Bürger, die gezielter zu den Produkten greifen sollten, dass hier noch mehr gemacht werden kann. Allerdings spielt auch hier die Vermarktung eine große Rolle. Da gibt es von allen Seiten noch Luft nach oben.
Die letzte Station führt Schweizer zum Restaurant Wiener Kaffeehaus nach Göppingen in die Küche von Uwe Hipp zum gemeinsamen Maultaschen machen. Hier erfährt Schweizer, dass der Gastronom in der Regel nicht die Zeit hat, zu mehreren regionalen Anbietern zu fahren, um die Ware einzukaufen. „Was beim wöchentlichen Einkauf nicht im Großhandel besorgt wird, bringt ein Lieferant. Der hat einen festen Produktkatalog. Was dort nicht angeboten wird, gibt’s in der Regel auch nicht“, so Hipp. Trotzdem versucht Uwe Hipp wo immer es möglich ist, auf regionale Anbieter zurückzugreifen. Das ist ihm vor allem beim Fleisch und Gemüse wichtig. Ein Problem sind die gestiegene Preise von Lebensmitteln insgesamt. Diese müssten eigentlich längst an die Kunden weitergegeben werden. Das ist in der aktuellen für viele Kunden finanziell auch nicht ganz einfachen Situation aber kaum möglich. Das gibt jedoch laut Hipp ein Problem mit der Akzeptanz der Kunden. Wenn die Mehrwertsteuer Ende des Jahres für die Gastronomie wieder angehoben wird, wird es ohne Preisanpassungen aber nicht gehen, ist sich Hipp sicher.
Schweizer zieht nach ihrer Ernährungstour ein ernüchterndes Fazit: „Die Landwirte arbeiten rund um die Uhr für unsere Lebensmittel. Die Vermarktungswege sind unterschiedlich und oft schwierig nachzuvollziehen. Das macht es für die Verbraucher oft nicht einfach, die regionalen Produkte zu erkennen. Wenn wir hier aber weiter im Blindflug unterwegs sind, verlieren wir unsere Betriebe mit unabsehbaren Folgen für unsere Kulturlandschaft und gefährden unsere Ernährungssicherheit. Deshalb müssen wir alle gemeinsam daran arbeiten, dass Landwirtschaft bei uns eine Zukunft hat und ein auskömmliches Dasein für die Landwirte möglich ist. Die Entscheidung treffen wir als Verbraucher jeden Tag im Supermarkt.“
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